In Erfurt wächst der Widerstand gegen das Vorhaben der dort rund 70 Mitglieder zählenden Ahmadiyya-Gemeinde, im Ortsteil Marbach eine Moschee mit Kuppel und Minarett zu errichten. Die AfD hat ein Bürgerbegehren gegen den Moscheebau initiiert, Aktivisten der „Bürger für Erfurt“ haben kürzlich mit einer spektakulären Kreuz-Aktion auf einem Nachbargrundstück des vorgesehenen Standorts für Aufsehen gesorgt. Die Moscheekritiker wollen verhindern, dass die Ahmadis nach ihren erfolgreichen Bemühungen in den beiden sächsischen Städten Leipzig und Chemnitz nun auch in der Thüringer Landeshauptstadt ein islamisches Gotteshaus mit Minarett bauen dürfen und so die Verfestigung parallelgesellschaftlicher Strukturen vorantreiben.
Die verstärkten Aktivitäten der ursprünglich aus Pakistan stammenden „Ahmadiyya Muslim Jamaat“ in den neuen Bundesländern kommen nicht von ungefähr. Sie sind Teil des sogenannten „100-Moscheen-Plans“, den die Ahmadis im Wendejahr 1989 anlässlich des 100. Jubiläums ihrer Religionsgemeinschaft formulierten. Auf Wunsch des Enkels von Ahmadiyya-Gründer Mirza Ghulam Ahmad, der Ende des 19. Jahrhunderts im damaligen Britisch-Indien seine ersten Anhänger um sich scharte und behauptete, der von den Muslimen erwartete „Mahdi“ der Endzeit zu sein, sollten ursprünglich binnen zehn Jahren in Deutschland mindestens einhundert Moscheen errichtet werden. Nachdem sich dieses ambitionierte Ziel als illusorisch erwiesen hatte, kam man darin überein, jährlich fünf Moscheen zu bauen, was zwar immer noch zu hoch gegriffen erscheint, aber zumindest tendenziell weiterhin angestrebt wird.
Einschlägige Schriften
In öffentlichen Stellungnahmen verweist der Deutschland-Chef („Emir“) der Ahmadis, Uwe Wagishauser, ein früherer APO-Aktivist und Kommunarde, der sich seit seiner Konversion zum Ahmadiyya-Islam Abdullah nennt, immer wieder auf die angeblich besonders aufgeklärte und liberale Ausrichtung seiner Gemeinschaft. Man bekenne sich zum Grundgesetz, trete für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ein, engagiere sich im interreligiösen Dialog und lehne religiös motivierte Gewalt oder gar Terror strikt ab. „Glauben Sie mir, der radikale Islam ist unser gemeinsamer Feind“, bekräftigte Abdullah Uwe Wagishauser in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt. Repräsentiert die Ahmadiyya-Gemeinschaft, die 2013 als erste und bislang einzige muslimische Vereinigung in Deutschland als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt wurde, also den vom Establishment herbeigesehnten „Euro-Islam“, der mit unseren abendländischen Wertvorstellungen kompatibel ist und sich quasi geräuschlos in das gesellschaftliche Leben einfügt?
Nicht nur, weil es in einer Darmstädter Ahmadi-Familie schon einen Ehrenmord-Fall gab, zweifeln Kritiker das von Wagishauser und anderen Ahmadiyya-Vertretern in der Öffentlichkeit gezeichnete Bild an. Auch vor dem Hintergrund einschlägiger Zitate aus den Schriften der Gemeinschaft erscheint die Behauptung, man folge einer besonders liberalen Auslegung des Korans und befürworte die Religions- und Glaubensfreiheit, äußerst fragwürdig.
So heißt es etwa im „Tabligh-e-Risalat“, einer Grundlagenschrift der Ahmadiyya-Gemeinschaft: „Die Tage sind nahe, wenn die Sonne der Wahrheit im Westen aufgehen und Europa den wahren Gott kennenlernen wird. (…) Alle Glaubensbekenntnisse werden zugrunde gehen, mit Ausnahme des Islam.“ Und an anderer Stelle kann man lesen: „Den Juden und den Christen wird geraten, nichts gegen den verheißenen Propheten zu unternehmen. Wenn sein Einfluss sich in ihrem Land bemerkbar macht, so sollen sie ihn akzeptieren. Es wird keinen Sinn haben, sich ihm zu widersetzen oder den Versuch zu machen, sich der heranbrandenden Flut seiner Botschaft entgegenzustemmen. Widersetzlichkeit würde nur bedeuten, dass die Widersacher selbst vernichtet würden.“
Nach interreligiösem Dialog hört sich das nicht gerade an, sondern nach der auch in anderen muslimischen Gemeinschaften gängigen Eroberungs- und Unterdrückungsrhetorik, die von Politik, Kirchen und gesellschaftlichen Gruppen vielleicht als sowas wie eine eigentümliche Folklore angesehen wird, von den Gläubigen aber sehr ernst und sehr wörtlich genommen wird.
„Bei vielen Verfehlungen einfach weggesehen“
In ihrem 2002 erschienenen Buch „Ahmadiyya-Bewegung des Islam“ stellte die Sozialwissenschaftlerin Hiltrud Schröter fest: „Das politische Ziel der Ahmadiyya ist die Einrichtung einer islamischen Ordnung auf der ganzen Welt, auch in Deutschland. Das bedeutet Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und Errichtung des Kalifats mit Scharia-Recht. Sie setzt eine Doppelstrategie ein: Anpassung und Integration einerseits, Machterweiterung der Führung andererseits.“ Bekenntnisse, wie sie von Wagishauser, aber auch dem Erfurter Ahmadiyya-Sprecher Mohammad Suleman Malik immer wieder zu hören sind, erklärte Hiltrud Schröter mit einer „Doppelstrategie“, die „aus Anpassung und Wohlverhalten der Gefolgschaft einerseits und Machterweiterung der Führung andererseits“ bestehe. „Wie islamistische Gruppierungen verbindet sie uralte mythische eschatologische Ideen mit islamischen Dschihad-Vorstellungen, erteilt allerdings der Anwendung von Gewalt eine Absage. Sie ist pragmatisch genug, das eigentliche Ziel zurückzustellen, bis sie eines Tages über mehr Macht verfügt. Trotz Tarnung bleibt dieses Ziel erkennbar“, so die 2010 verstorbene Religionsexpertin.
Die Naivität und das Zuvorkommen, mit der die Politik den Ahmadis in Erfurt und anderen mitteldeutschen Städten begegnet, verwundert umso mehr, als dass man andernorts – selbst in der etablierten Politik – das Treiben der Glaubensgemeinschaft inzwischen durchschaut hat. In einem Beitrag des ARD-Magazins „Report Mainz“ vom 25. November 2014 (unbedingt hier ansehen!) räumte die frühere nordrhein-westfälische SPD-Politikerin Lale Akgün offen ein, dass man auf die Ahmadiyya-Propagandafloskel „Reform-Islam“ hereingefallen sei. „Die Politik hat die Ahmadiyya zur ihrem Partner erklärt und bei vielen Verfehlungen einfach weggesehen“, so die einstige Referatsleiterin der NRW-Staatskanzlei für „Internationale Angelegenheiten und Eine-Welt-Politik“.
Erpressung und Schleusung illegaler Einwanderer
In der Sendung erhoben mehrere Ex-Mitglieder der Gemeinschaft schwere Vorwürfe gegen die Ahmadis, etwa „Erpressung“ und „Handel“ auf Kosten von Asylbewerbern. So soll die Ahmadiyya-Gemeinde in Frankfurt am Main, der lange Zeit der inzwischen verstorbene Imam Hadayatullah Hübsch – übrigens auch ein konvertierter Achtundsechziger – vorstand, gegen beträchtliche Spendenzahlungen Bescheinigungen über das religiöse Engagement ihrer Mitglieder ausgestellt haben, die vor Gericht in einigen Asylverfahren vorgelegt werden müssen. Wer diese Spenden nicht geleistet habe, sei auch nicht mit einem solchen „Persilschein“ ausgestattet worden, erklärten in der Sendung mehrere ehemalige Gemeindemitglieder übereinstimmend.
In Darmstadt wurde außerdem gegen mehrere Ahmadis wegen gewerbsmäßiger Schleusung ermittelt. Sie sollen Glaubensbrüder gegen Entgelt mit illegalen Visa nach Deutschland geschmuggelt haben. Das Verfahren wurde gegen Geldzahlung eingestellt, da den illegalen Einwanderern später politisches Asyl gewährt wurde. Die Ahmadiyya-Gemeinschaft wies die Vorwürfe zurück und teilte dazu mit, dass die wegen Schleusung Angeklagten angeblich nur ihren Familienangehörigen geholfen und dafür keinerlei finanzielle Gegenleistung erhalten hätten. Überzeugend klang das nicht.
Innerislamische Konflikte
Die Moschee-Expansion der Ahmadis weckt natürlich entsprechende Begehrlichkeiten bei anderen muslimischen Gemeinden, die übrigens die „Ahmadiyya Muslim Jamaat“ größtenteils nicht anerkennen und teilweise sogar als „Ketzer“ verteufeln, so dass auch innerislamische Konflikte geradezu vorprogrammiert sind. Aus Sicherheitskreisen wurden entsprechende Bedenken schon im Fall von Leipzig geäußert, wo die Ahmadis einen Standort im Stadtteil Gohlis ausgewählt haben, der sich nur wenige Kilometer von der Al-Rahman-Moschee des berüchtigten Salafisten-Predigers Hassan Dabbagh befindet. Der zeigte sich „not amused“ über die Ahmadiyya-Pläne und nannte die künftige Moschee in Gohlis nach einem Bericht der Leipziger Volkszeitung einen „Platz von Schirk (Polytheismus) und Kufr (Unglauben)“.
Nicht zuletzt wegen der Eskalationsgefahr, die eine weitere Ausbreitung des Ahmadi-Islams mit sich bringt, werden die Erfurter Moscheekritiker ihren Widerstand weiter aufrecht erhalten – und wissen dabei viele Bürger, die sich nicht nur über den kulturellen Charakter, sondern auch über die Sicherheit in ihrer Stadt Gedanken machen, hinter sich.