Noch immer kommen zahlreiche Hinweise bei uns an, die wir auswerten, doch die drei folgenden Fälle möchten wir Ihnen bereits jetzt vorstellen. Sie stehen stellvertretend für die vielen Zuschriften und Vorgänge, die uns erreicht haben.
Fall 1 – Heute darf jeder wählen, auch ohne deutschen Paß
Am Sonntag wurde nicht nur das Abgeordnetenhaus von Berlin neu gewählt, sondern auch die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) der zwölf Bezirke. Wie bei Kommunalwahlen üblich, durften hier auch EU-Ausländer und Jugendliche mit wählen. Im Wahllokal 406 ging man etwas zu großzügig mit dieser Regelung um.
Durch eine ungenaue Kontrolle der Ausweise und einer unachtsamen (?) Ausgabe der Wahlzettel wurden nach Zeugenaussagen auch von EU-Ausländern Stimmen für das Abgeordnetenhaus abgegeben. Ein aufmerksamer Wahlbeobachter wandte sich an die Landeswahlleiterin und diese wiederum an den Wahlvorstand, um dem Treiben ein Ende zu setzen.
Fall 2 – Briefwahllokal von Polizei geräumt
Immer wieder fällt auf, daß gerade in Briefwahllokalen abweichende Ergebnisse auftauchen. Bei der vergangenen Berlinwahl gab es 653 Briefwahllokale, in denen meist unter Nichtbeachtung der Öffentlichkeit ausgezählt wurde. Einige Wahlbeobachter besuchten das Briefwahllokal in der Stralsunder Str. 57 und wollten der Auszählung beiwohnen. Vor Ort versuchte man, die Wahlbeobachter auf Abstand zu halten und wies ihnen einen Platz in 6 Metern Entfernung zu.
So war eine sinnvolle Wahlbeobachtung nicht möglich. Wahlvorstand und Wahlbeobachter diskutierten. Es endete damit, daß die Polizei gerufen wurde und die Wahlbeobachter entfernte. Dabei wäre es die Aufgabe der Polizei gewesen, das Recht auf Wahlbeobachtung durchzusetzen und es nicht zu untersagen. Wir haben die Landeswahlleiterin informiert und werden uns die Ergebnisse dieses Briefwahllokals besonders genau anschauen.
Fall 3 – Wahlbeobachtung so unangenehm wie möglich
Der Fall aus dem Wahllokal 322 steht stellvertretend für viele Meldungen von Wahlbeobachtern. Es zeigt, daß einige Wahlvorstände gern unter sich bleiben wollten und es den Beobachtern so schwer wie möglich machten. Wieder wurde ein Abstand vorgegeben, bei dem eine Sichtung der Wahlzettel unmöglich war. Ergebnisse und Wahlbeteiligung wurden nicht deutlich verkündet und die Beobachter an ihrer Arbeit gehindert.
In diesem Fall ließ sich der selbstbewußte Wahlbeobachter nicht entmutigen. Er kontaktierte das Büro der Landeswahlleiterin. Nur um dort die falsche Auskunft zu erhalten, daß er kein Recht hätte, die Stimmzettel zu sehen. Zum Glück blieb der Beobachter hartnäckig und sorgte im Wahllokal für eine ordnungsgemäße Auszählung.
Diese drei Fälle stehen stellvertretend für viele Erlebnisse von engagierten Bürgern, die für eine korrekte Wahl sorgen wollten.
Es gab erfreulicherweise auch andere Geschichten. So erhielten wir zahlreiche Rückmeldungen, wie Beobachter auf Fehler aufmerksam machten, Stimmen von alternativen Parteien sicherten oder durch ihre bloße Anwesenheit für Aufsehen sorgten. Diese Fälle zeigen also wiederum, daß Wahlbeobachter, Unterstützer und die Bürgerinitiative „Ein Prozent“ gemeinsam etwas bewegen und alle zusammen an jedem Wahlsonntag in diesem Land ihren kleinen Beitrag leisten.
Nachdem ich selbst um 17:45 gewählt hatte, betrat kurz drauf als einer der letzten Wähler ein energischer junger Mann das Wahllokal, der jedoch keinerlei! Personaldokumente bei sich hatte und nur einen Wahlschein vorlegte, der für die Briefwahl gebraucht wird. Zunächst sollte er auch ohne Identität zur Wahl zugelassen werden und eine jüngere Wahlhelferin äußerte sich laut in der Diskussion "wir haben doch heute mehrere gehabt, die wir nur mit Wahlschein und ohne Dokumente haben wählen lassen!"
Ich spitzte die Ohren und erklärte dann deutlich dem Wähler und den Wahlhelfern, dass dies so nicht gehen kann. Schließlich eine halbe Stunde nach Schließung des Lokales verweigerte die Wahlleiterin nach telefonischer Rücksprache mit der Landesleitung dem jungen Mann die Stimmenabgabe. Für mich eine schwierige Situation, denn ich hatte bis auf die Aussage der sich verplappernden jungen Wahlhelferin über die "anderen Fälle" keinerlei Beweise.
Fazit: pro Wahllokal muss ganztags ein Wahlhelfer plus abends ein Wahlbeobachter anwesend sein um eine faire Wahl zu garantieren. Alles andere ist das System "Schweizer Käse" und der hat bekanntlich große Löcher.