Problem Briefwahl: Darum verlieren die Rechten!

Ganz Deutschland hat gestern Abend auf die Oberbürgermeisterwahl im thüringischen Nordhausen geschaut. In der Stichwahl mit dem parteilosen Amtsinhaber Kai Buchmann, der zuvor wegen Dienstpflichtverletzungen suspendiert worden war, unterlag der AfD-Herausforderer Jörg Prophet. Buchmann konnte sich mit der Unterstützung aller etablierter Parteien und der Medien mit 54,9 Prozent durchsetzen.

Lange lag der AfD-Kandidat Prophet vorn, doch dann kam es zur Auszählung der Briefwahlstimmen. Hier schneiden rechte Parteien traditionell schlecht ab – und das hat einen Grund.

Ein hausgemachtes Problem

Kaum jemand im politisch-medialen Betrieb hasst die AfD so sehr wie die Spiegel-Autorin Ann-Katrin Müller. Der Frau ist kein Mittel zu stumpf oder zu peinlich, um die AfD zu bekämpfen. Dennoch hat sie mit einer Einschätzung zum Umschwung des Wahlergebnisses durch das Einbeziehen der Briefwahlstimmen gestern Abend in Nordhausen recht.


Das schlechte Abschneiden rechter Parteien ist hausgemacht – auch durch uns. Oft haben wir darüber berichtet, wie bei der Briefwahl betrogen werden kann. In Sachsen-Anhalt war es 2014 bei der Kommunalwahl sogar ein komplettes CDU-Netzwerk, welches professionelle Wahlfälschung mittels Briefwahl betrieben hatte. Doch ganz selbstkritisch muss man konstatieren: Nicht die Briefwahl an sich ist das Problem, sondern die Kontrolle dieser Briefwahl.
 


Es gab und gibt Altenheimmitarbeiter, die das Wahlrecht der Bewohner an sich nehmen. Wir kennen die Beispiele, wie etwa in einem Altenheim in Sachsen-Anhalt, wo der Betrug nur auffiel, weil fast alle Bewohner mit dem gleichen Stift CDU gewählt hatten oder der Fall einer Heimleiterin aus Niedersachsen.

Was man ganz konkret gegen diesen Missbrauch der alten Menschen unternehmen kann, haben wir hier erklärt.

Briefwahl: Wir sind nicht wehrlos! So geht’s!

Wie man den Betrug bei der Briefwahl verhindern kann, das haben hier wir ausführlich zusammengefasst. Wesentlich sinnvoller wäre natürlich eine grundlegende Reform des Wahlrechts, wie wir sie hier skizziert haben.

Priorität müsste die Wahlbeobachtung bei der Auszählung der Briefwahlstimmen haben, um auch mehr Bürger wieder von dieser Option zu überzeugen. Für unsere Wahlbeobachter in Hessen und Bayern gilt: Wichtig ist, die Orte der Briefwahlauszählung vorher zu erfragen und nicht erst 18 Uhr dabei zu sein, sondern bereits am Nachmittag, wenn über die Anzahl und die Gültigkeit der Stimmen entschieden wird.

Es lohnt sich auch bereits vorher an den Orten der Briefwahl in den Rathäusern und Gemeinden nachzuschauen, ob die dort öffentlich zugänglichen Wahlurnen ordentlich verschlossen und gesichert sind.

Gerade in großen Städten braucht die Überwachung der Briefwahl eine gute Vorbereitung. Wenn am 8. Oktober in Bayern und Hessen die Wähler zur Urne gebeten werden, sollen die Briefwahlstimmen der bayerischen Landeshauptstadt in der Münchener Messe an 200 Stellen ausgezählt werden.

Selbsterfüllende Prophezeiung

Wenn rechte Gruppen, Parteien und alternative Medien immer nur predigen, dass die Briefwahl unsicher ist, dann verlieren die Rechten viele Wähler. Denn dann bleiben viele der Wahl aus Bequemlichkeit fern. Fakt ist: Wenn die Briefwahl ordnungsgemäß funktioniert, dann erhöht sie die Wahlbeteiligung – was meistens den rechten Kandidaten hilft, die in der Lage sind, Nichtwähler für sich zu begeistern.

Ja, die Briefwahl in der Bundesrepublik ist unsicher, fehleranfällig und schlecht organisiert, doch wir sollten den Menschen lieber erklären, wie es besser geht, als Stimmen und Wahlen zu verlieren. Gerade bei den vielen Personenwahlen, bei denen vor allem die AfD gute Chancen hat, dürfen wir keine Stimme verschenken. Dafür ist die Lage zu ernst.

Informationen zur Wahlbeobachtung in Bayern und Hessen findet ihr hier.
Unser kostenfreies Wahlbeobachterpaket könnt ihr hier bestellen.

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Kommentare (4)

Bodhisatta969
Leider ist es so, dass die meisten aus Bequemlichkeit Briefwahl machen. Diejenigen die ich kenne und die AfD wählen, mich eingeschlossen, gehen aber mittlerweile wirklich selbst zum Wählen.
Thomas Simon
Ich kann diesem Beitrag nur zustimmen. Von 2004 bis 2008 war ich mehrfach Wahlvorsteher bei verschiedenen Wahlen in sächsischen Wahlkreisen, darunter auch in Briefwahllokalen. Es ist einfach Unsinn, wenn pauschal behauptet wird, dass die Briefwahlen generell manipuliert sind. Natürlich müssen z. B. Wahlen in Seniorenheimen besonders kritisch beobachtet werden. Darüber hinaus sind Briefwähler in ihrer Zusammensetzung aber sehr heterogen. Wie ich aus meinem eigenen privaten Umfeld weiß, ist oft einfach Bequemlichkeit der Grund, warum Wähler am Wahltag nicht das örtliche Wahllokal aufsuchen wollen, sondern lieber vorher per Briefwahl abstimmen. Nach meiner persönlichen Erfahrung ist auch die Zusammensetzung der Wahlvorstände bei Briefwahlen sehr unterschiedlich. In meinem Fall waren sowohl mehrere städtische Angestellte mit politisch unterschiedlichen persönlichen Vorlieben dabei, als auch ein Anhänger der rechtskonservativen DSU sowie ein offenkundig linkslastiger Student, den ich als Wahlvorsteher ermahnen musste, nicht ständig Kommentare gegen Stimmen für die damalige Dresdner OB-Amtsinhaberin abzugeben. Insgesamt waren wir eine bunte Truppe, bei der deshalb irgendwelche Manipulationen ausgeschlossen waren. Neben der – natürlich wichtigen – Wahlbeobachtung kann ich nur dazu ermutigen, sich selbst als Wahlhelfer zu melden. (Natürlich darf man bei der jeweiligen Wahl nicht selbst Kandidat sein.)
Thomas Walde
Wenn solche Wahlurnen, wie in dem Video, welches derzeit im Netz kursiert, verwendet werden können, ist dem Betrug Tür und Tor geöffnet. Und das scheint genau so gewollt.
Kevin
Dass viele Recht Urnenwahl bevorzugen ist doch gut und richtig, und auch Euer Verdienst! Deswegen verzichtet doch niemand komplett auf Wahlteilnahme aufgrund abstrakter erhöhter Manipulationsgefahr bei Briefwahl. Die Spaltung der Wählerschaft in zwei unterschiedliche Wahlverfahren ist jedoch schädlich, denn sie beschädigt die Gleichheit der Wahl, schafft Misstrauen und zeigt unterschiedliches Wahlverhalten auf, was zu Unsicherheiten führt wie in diesem Artikel. Daher muss der Anteil der Briefwähler auf max. 10% begrenzt werden durch entsprechend hohe Hürden.

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