Auch bei der Bundestagswahl gab es zahlreiche Fehler, Ungereimtheiten und Betrugsversuche. Alleine am Wahltag hatten wir im eigens zu diesem Zweck eingerichteten „Ein Prozent“-Wahlbüro direkten Kontakt zu über 1000 (!) Wahlbeobachtern überall im Land. An zwei Infotelefonen, per Facebook, Twitter, E-Mail und per Kontaktformular auf unserem Blog erreichten uns die Anfragen und Meldungen bis weit nach Mitternacht. Einige Wahlbeobachter zeigten ein unglaubliches Engagement.
Bei einem Großteil der Kontakte handelte es sich um Fragen zum Ablauf, viele beschrieben aber auch konkrete Fälle von Wahlbetrug. Derzeit erreichen uns weiterhin unzählige Meldungen von Bürgern. Deswegen kann die Beantwortung Ihrer Anfragen und Hinweise leider etwas dauern.
Was passiert gerade?
Parallel zur Erfassung und Beantwortung Ihrer Anfragen schreiben wir die zuständigen Gemeinden und Wahlleiter an, um die Ungereimtheiten aufzuklären. War es am Sonntag das Ziel, Fehler und Gesetzesverstöße schnellstmöglich abzustellen, geht es jetzt darum, Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen und dafür zu sorgen, dass Verstöße gegen die Bundeswahlordnung in Zukunft nicht mehr vorkommen.
Häufige Fragen und einige Fälle
Viel Menschen beunruhigte, dass auch ohne Ausweispapiere oder andere Dokumente gewählt werden konnte. So kam es zu Fällen von Identitätsdiebstahl. Mancherorts erfolgte die Wahl mit den Wahlbenachrichtigungen anderer Personen, die irgendwie besorgt wurden. In einigen Gemeinden waren die Wählerverzeichnisse nicht korrekt, sodass Menschen, die bereits Briefwahl gemacht hatten, doppelt wählen konnten.
Außerdem zeigten sich viele Bürger irritiert, dass auch mit Bunt- und Bleistiften gewählt werden konnte, was aber derzeit rechtlich korrekt ist. In einigen Wahllokalen in Bayern wollte man sogar nur Stimmen akzeptieren, die mit den ausgelegten Stiften angekreuzt wurden - ein klarer Verstoß gegen BWO §50. Selbst Verwaltungsmitarbeiter haben diese Auskunft gegeben.
Im sächsischen Gornau konnten Menschen zwischen 15.15 und 17.00 Uhr gar nicht wählen, weil Stimmzettel fehlten. Viele wurden unverrichteter Dinge nach Hause geschickt. Dieser Fall muss politisch aufgearbeitet werden.
Zudem gab es zahlreiche Verstöße gegen die öffentliche Verkündung der Ergebnisse, also gegen §70 Bundeswahlordnung. Viele Beobachter meldeten, dass Ergebnisse wie Staatsgeheimnisse behandelt wurden und der Öffentlichkeit vorenthalten blieben.
Zudem wurden massiv und bundesweit gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit (§54 Bundeswahlordnung) verstoßen. Manche Wahllokale waren verschlossen, in anderen herrschten chaotische Zustände. Dies ist nicht rechtens. Sie wurden auch Zeuge eines solchen Falles: Melden Sie sich bei Ihrem Wahlleiter und Ihrer Gemeinde und lassen Sie uns die Antwort zukommen.
Aufarbeitung der Ergebnisse
Wieder einmal gab es Übertragungsfehler und Auffälligkeiten bei den Ergebnissen. In der Vergangenheit war es uns bereits gelungen, die Neuauszählung von Wahllokalen durchzusetzen. Vielleicht ist es auch bei der Bundestagswahl soweit. Wir sind dran.
Aufgrund der Vielzahl der Meldungen können wir nicht auf jede Mail mit lokalen Wahlergebnissen und Meldungen über korrekte Abläufe reagieren. Dafür bitten wir um Verständnis.
Tausende Stimmen gerettet
Schon jetzt können wir vermelden, dass wir gemeinsam tausende Stimmen gerettet und unzählige Fehler korrigiert haben. Am Wahltag haben tausende fleißige Beobachter dafür gesorgt, dass Wählerstimmen nicht falsch gezählt oder für ungültig erklärt wurden. Besonders die monatelange Mobilisierung zur Anmeldung als Wahlhelfer hat hierbei geholfen. Es zeigte sich wieder einmal, wie wichtig dieses ehrenamtliche Engagement ist.
Eine erste vorsichtige Schätzung zeigt, dass ca. 12.000 bis 15.000 Menschen über unsere Kampagne mobilisiert wurden oder die Beratungsangebote in Anspruch genommen haben. Ein bisher einmaliger Erfolg. Ein guter Anfang, bei ca. 88.000 Urnen und Briefwahlbezirken und ca. 650.000 ehrenamtlichen Wahlhelfern.
Und nun?
Derzeit helfen wir Bürgern dabei Gemeinden und Wahlhelfer zu kontaktieren, um Unstimmigkeiten zu melden und zu klären. Wir rufen Menschen mit schwierigeren Fällen zurück und entscheiden gemeinsam, wie weiterverfahren werden muss. Zudem prüfen wir Wahlergebnisse und Pressemeldungen. Für uns ist diese Bundestagswahl noch lange nicht vorbei.
Danke!
Der vergangene Sonntag hat gezeigt, wie stark eine organisierte und selbstbewusste Zivilgesellschaft sein kann und wieviel wir alle gemeinsam bewegen können. Es war ein enormer Kraftakt und es liegt noch viel Arbeit vor uns, aber wir bewegen etwas in diesem Land. Deswegen gilt unser herzlicher Dank allen Wahlbeobachtern, Wahlhelfern, Bürgergruppen sowie den eigenen Unterstützern und Aktivisten.