- Hat sich die AfD am vergangenen Wochenende nur mit sich selbst beschäftigt? Wir haben uns die wichtigsten Ergebnisse angesehen.
- Die Bilanz des Parteitags für das patriotische Lager ist durchwachsen: einige wichtige Schritte wurden gemacht, andere wesentliche Fragen wurden nicht geklärt.
Am vergangenen Wochenende hielt die AfD ihren 11. Bundesparteitag ab. Als parlamentarischer Arm der patriotischen Opposition trägt die Partei eine weitreichende Verantwortung. Wurde sie dieser Verantwortung gerecht? Wir schauen hin.
Sozialpolitik thematisch im Fokus
Während sich die Mainstream-Medien in ihren durch den unangemessenen Angriff von Jörg Meuthen auf das sozial-patriotische Lager angeregten Bemühungen, die internen Auseinandersetzungen zu dramatisieren, gegenseitig übertreffen, konnten die Delegierten im nordrhein-westfälischen Kalkar einen wichtigen Schritt machen – sie verabschiedeten einen Leitantrag in Sachen Sozialpolitik (hier einsehbar).
Der Schwerpunkt des Antrags widmet sich der Reform des Rentensystems. Die Vorstellungen der Partei sind dabei deutlich von Ausgleichsbemühungen zwischen dem liberal-konservativen und dem sozial-patriotischen Lager geprägt. Was sind die wesentlichen Merkmale?
- Flexibilisierung: Das Programm sieht eine Lockerung des bislang starren Rentensystems vor. Es soll den Bürgern ermöglicht werden, selbst zu entscheiden, wie lange sie arbeiten möchten. Außerdem soll die private Vorsorge gestärkt werden.
- Familienfreundlichkeit: Das Ungleichgewicht des Rentensystems zugunsten Kinderloser soll ausgeglichen werden, indem Eltern für jedes Kind 20.000 Euro ihrer Beiträge zur Rentenversicherung erstattet bekommen. Damit will die Partei auch einen Anreiz für mehr Kinder schaffen – um die demographische Lage zu verbessern.
- Kampf gegen Altersarmut: Auch Bürger mit geringen Einkommen sollen im Alter nicht von Armut bedroht werden. Der Altersarmut will die AfD durch die Anrechnung von lediglich 25 Prozent der Altersrente auf die Grundsicherung entgegenwirken.
- Senkung der Staatsausgaben: Politiker sollen ebenfalls in die Rentenversicherung einzahlen und sich nicht nach wenigen Dienstjahren auf überhöhten Pensionsansprüchen ausruhen können. Gleichzeitig soll der Beamtenstatus auf „originär hoheitliche Aufgaben“ beschränkt werden, sodass künftige Staatsbedienstete ebenfalls in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden.
Darüber hinaus verabschiedete der Parteitag Leitlinien zur Gesundheitspolitik. Diese sehen u.a. eine Abkehr von der DRG-Fallpauschale hin zu bedarfsgesteuerten individuellen Absprachen zwischen Krankenhäusern und den Kassen, eine Begrenzung der Privatisierung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie die Erhaltung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum vor.
Grundsatzbeschluss: AfD und FDGO vs. VS
Bereits am Freitag, 27. November, fasste der AfD-Bundesvorstand einen „Grundsatzbeschluss zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, der ohnehin Selbstverständliches fixiert. Was mit der FDGO gemeint ist, hat das Bundesverfassungsgericht hier geklärt. Kritik übt die Parteispitze an der Kriminalisierung legitimer Äußerungen durch einen politisch instrumentalisierten Inlandsgeheimdienst (mehr hier).
Allerdings erklärt der Bundesvorstand, dass man im Falle einer letztinstanzlichen Entscheidung „solche Äußerungen künftig unterlassen und mit den Mitteln des Parteiordnungsrechts dies auch gegenüber ihren Mitgliedern durchsetzen“ werde. Eine solche Haltung ist in einem Rechtsstaat grundsätzlich lobenswert und geboten, allerdings bemühen sich die Altparteien um eine Vereinnahmung der Judikative, die sich im Übrigen zunehmend freiwillig der herrschenden linken Ideologie unterwirft. Ein juristischer Sieg der Haldenwang-Behörde ist trotz ideologischer Motivation jedenfalls nicht mehr auszuschließen. Ein solcher wäre kein Sieg der FDGO, sondern ihr Ende.
Zwischen liberal-konservativ und sozial-patriotisch
Einmal mehr machte der AfD-Bundessprecher und EU-Parlamentarier Jörg Meuthen deutlich, dass er trotz ungeklärter Mehrheitsverhältnisse in der Partei nicht daran denkt, das sozial-patriotische Lager in die Partei zu integrieren. So weist das Rentenkonzept zwar deutlichen Kompromisscharakter auf, personell finden diese Inhalte in der Führungsetage der Partei kaum Widerhall.
So erhält das liberal-konservative Lager im Bundesvorstand um Meuthen, Wolf, Paul und von Storch Verstärkung durch die Abgeordnete Joana Cotar, die den Platz von Andreas Kalbitz einnimmt. Fraglich ist, inwiefern diese Zusammensetzung die Stimmung der Basis widerspiegelt. Sicher ist nur, dass Meuthens Konfrontationskurs nicht auf eine einvernehmliche Lösung abzielt, sondern früher oder später die Machtfrage stellen wird – mit weitreichenden Folgen für die gesamte rechte Opposition.