Am vergangenen Wochenende hat die AfD Sachsen ihre Liste für die anstehende Bundestagswahl aufgestellt. Wir sprechen mit dem Bundestagsabgeordneten Siegbert Droese, Listenplatz 3 und Stellv. Landesvorsitzender, über den Parteitag, den VS und den Wahlkampf der AfD.
Sehr geehrter Herr Droese, zunächst gratulieren wir zum dritten Platz auf der Landesliste der sächsischen AfD zur bevorstehenden Bundestagswahl. Ihre Aussichten auf einen erneuten Einzug in den Bundestag sind damit mehr als vielversprechend. Wie bewerten Sie die bisherigen Ergebnisse der Listenaufstellung?
Siegbert Droese: Alle gewählten Kandidaten bringen sehr gutes Potential mit, die sächsischen AfD-Wähler in Berlin würdig zu vertreten. Mit allen aussichtsreichen Kandidaten scheint eine gute und kameradschaftliche Zusammenarbeit möglich, sodass eine starke und homogene Landesgruppe Sachsen entstehen wird. In der 19. Wahlperiode hatten wir dabei ja weniger Glück.
In den Mainstream-Medien wird behauptet, die „Radikalen“ hätten die Listenaufstellung gewonnen. Was ist von dieser Darstellung zu halten?
Droese: Die „Qualitätsmedien“ zeichnen sich ja bekanntlich ihr eigenes Bild der AfD und das bildet leider allzu oft nicht die Wirklichkeit ab. Richtig ist, dass es mit den gewählten Kandidaten sicher kein Aufweichen der AfD-Positionen geben wird. Ich prophezeie mit der neuen Truppe echte und harte Oppositionsarbeit zur schlechten Regierungsleistung. Heutzutage gilt man leider schon als radikal, wenn man Standpunkte hat und diese eben nicht leichtfertig opfert. Eine weichgespülte AfD dürfte es mit der Auswahl an Kandidaten jedenfalls nicht geben.
In der Tat haben die Meuthen-Anhänger in der sächsischen AfD nicht gut abgeschnitten. Auch der Schriftsteller Michael Klonovsky, der bislang nicht als Parteipolitiker in Erscheinung getreten ist, scheiterte deutlich. Wie erklären Sie sich das? War dieser Parteitag eine Richtungsentscheidung?
Droese: Es zeugt von Unkenntnis über die sächsische Parteibasis, wenn man glaubt, in Sachsen würde ein Nichtmitglied auf Landesebene aufgestellt werden. Jeder AfDler legt doch mit seiner Mitgliedschaft ein Bekenntnis zur Partei ab und geht damit in der Regel ein persönliches und/oder geschäftliches Risiko ein. Die Angriffe auf Parteifreunde geben davon reichlich Zeugnis. Das Bekenntnis haben die Wähler bei Herrn Klonovsky sicher vermisst, reichlich Zeit für einen Parteibeitritt hatte er ja.
Die sächsische AfD kennt nur eine Richtung und das ist unser Parteiprogramm. Insofern war die Versammlung keine Richtungsentscheidung, weil das in Sachsen nie zur Debatte stand. Richtig ist sicher, dass die Träume mancher Parteimitglieder nicht erfüllt wurden. Einige Kollegen gingen wohl von falschen Voraussetzungen aus, wie die Weisheiten der Versammlung eindrucksvoll belegen.
Welche Themen werden in Ihrem und dem AfD-Wahlkampf eine Rolle spielen?
Droese: Der Austritt Deutschlands aus der EU. Ich bin ja Mitglied im EU-Ausschuss und sitze sozusagen in der ersten Reihe. Die ganze Unfähigkeit der EU wird ja derzeit jedem, der sehen will, vor Augen geführt. Ich halte die EU in ihrer heutigen Verfassung für nicht reformierbar. Wir sollten die Entwicklung des Brexit genau verfolgen. Das könnte ein Weg für uns sein, unsere Freiheit und nationale Souveränität – in vollem Umfang – zurückzuerlangen.
Sachsen wurde ja von der Corona-Krise schwer getroffen. Wie bewerten Sie das Handeln der sächsischen Regierung?
Droese: Die Corona-Krise hat ja gezeigt, dass es gar nicht so weit her ist mit dem schönen Föderalismus. Ich hätte mir eine deutlich emanzipiertere sächsische Handschrift gewünscht. Aber Kretschmer ist nun mal ein Kind von Merkels Gnaden und trägt somit Entscheidungen der nicht legitimierten Gruppe von Ministerpräsidenten und Bundesregierung mit. Immerhin eröffnet das Regierungsversagen uns als echter Opposition enorme Möglichkeiten. Ich denke die AfD Sachsen hat im Dresdner Landtag eine sehr gute Figur gemacht und ordentlich Druck erzeugt. Ich behaupte, ohne uns hätte die sächsische Staatsregierung einfach durchregiert. Die Kollegen Urban und Zwerg haben das in vielen Punkten verhindert und Kretschmers Kabinett häufig gestellt.
Der Chemnitzer Politikwissenschaftler Benedikt Kaiser hat 2020 den vielbeachteten Entwurf eines „Solidarischen Patriotismus“ vorgelegt. Ein Kernaspekt ist die Fokussierung rechtsalternativer Politik auf Kleinunternehmer, Arbeiter und Selbstständige als ureigener Zielgruppe sozialer und heimatverbundener Ansätze. Verfolgen Sie entsprechende neuartige Versuche, ideenverbundene Realpolitik auszugestalten?
Droese: Solidarischer Patriotismus ist ein schöner Begriff, mit dem ich was anfangen kann, beinhaltet er doch ein humanistisches Ur-Prinzip: der Starke hilft dem Schwachen – bezogen auf eine Gruppe und eben nicht universalistisch. Das teile ich und es hat sich ja auch seit Menschengedenken bewährt. Ich habe schon mehrfach öffentlich geäußert, Politik für unsere Leute zu machen. Ich meine damit, Politik für den Arbeiter, den Unternehmer mit regionaler Verwurzelung, für den Deutschen allgemein zu machen. Insofern habe ich von Haus aus Schnittmengen mit Benedikt Kaiser, obwohl ich ihn nicht persönlich kenne.
Sehen Sie die Gefahr, dass der „Verfassungsschutz“ die Wahl beeinflussen wird? Wie sollte die AfD damit umgehen?
Droese: Ja, die Bundesrepublik hält sich als einziges demokratisches Land einen Inlandsgeheimdienst, der die größte Oppositionsbewegung observiert. Und ja, es wird Zwietracht und Zweifel gesät, es wird wieder nebulös mit Begriffen hantiert, um eine große Zahl Regierungskritiker zu diskreditieren. Diese Mittel ähneln denen der Stasi. Insofern ist zu befürchten, dass sich der Einfluss des „Verfassungsschutzes“ auch auf die Wahlen einwirkt. Dagegen hilft, die Rolle des VS als politisches Instrument der Regierenden offenzulegen.
Im Osten verfängt die „Arbeit“ des VS weit weniger als im Westen Deutschlands, weil die Menschen in Mitteldeutschland noch sehr gut wissen, mit welchen Mitteln im DDR-Unrechtsstaat die echte Opposition verfolgt worden ist. Unsere Spitzenleute sollten auch bei allen Interviews mit ausländischen Pressevertretern auf die Mittel und Arbeitsweise des VS hinweisen. Meine Erfahrungen bei Gesprächen mit ausländischen Pressevertretern oder Politikern ist die, wenn man auf das Agieren des VS zu sprechen kommt, es für die Gesprächspartner oft unglaublich ist, was sich der deutsche Inlandsgeheimdienst erlaubt. Das macht auch vielen Angst, gerade was die Lehren aus Deutschlands dunkelster Zeit betrifft.
Wie kann die AfD verhindern, dass die Kriminalisierungsversuche des Geheimdienstes zum Spaltpilz der Partei werden?
Droese: Freie Bürger, keine Untertanen wollen wir sein. Unser Programm verteidigt die Errungenschaften des Grundgesetzes. Wir sind somit die Hüter der FDGO. Daher dürfte die infame „Arbeit“ des VS ins Leere laufen. Das müssen wir den unsicheren Parteifreunden klar machen. Ich plädiere immer dafür, wenn einer von uns zu Unrecht angegriffen wird, zusammenzuhalten wie ein Mann oder, von mir aus auch, wie eine Frau. Also gerade jetzt gibt es in der AfD die Pflicht zur Kameradschaft. Das würde helfen, die „Arbeit“ des VS zu vereiteln.
Welche Bedeutung hat die kommende Bundestagswahl für die AfD?
Droese: Die Bundestagswahlen sind immer Gewichtskontrollen der Parteien. Insofern hoffe ich, dass uns der Wähler nicht für „zu leicht“ befindet. Was der Wähler honorieren dürfte, ist Haltung, Glaubwürdigkeit und Geschlossenheit. All jene in unserem Laden, die jetzt hinsichtlich dieser drei Tugenden nicht zur Besinnung kommen, versündigen sich an unserer Partei und gefährden unseren Auftrag, das Beste für Deutschland
Wagen Sie eine Prognose?
Droese: Sofern wir das zuvor Gesagte beherzigen, bin ich überzeugt, unser Ergebnis von 2017 zu halten. Ich hoffe natürlich auf einen ordentlichen Aufwuchs. Angesichts des offensichtlichen Regierungsversagens halte ich das für durchaus realistisch. Ich wage für die Bundestagswahl eine Prognose: bundesweit 14,2 Prozent, in Sachsen 29 Prozent und 14 sächsische AfD-Abgeordnete werden unsere Sache ab Herbst im Reichstag vertreten.
Herr Droese, vielen Dank für das Gespräch!