Der vorauseilende politische Gehorsam einiger Unternehmen nimmt in dieser Republik immer absurdere Züge an. Die Fitnessstudio-Kette Fit/ONE schmeißt Kunden jetzt raus, weil sie laut Einschätzung der Firma in „rechtsgerichteten Kreisen“ verkehren. Einer dieser „rechtsgerichteten“ Kunden hat uns kontaktiert – und nun berichten wir über seinen Fall.
Unternehmen bewertet Privatleben der Kunden
Feiger geht es kaum: Besagter Kunde wollte vor wenigen Woche wie gewohnt zum Training in sein Fit/ONE-Studio gehen. Doch dann die Überraschung: Seine Mitgliedskarte funktionierte nicht, sie wurde anscheinend kommentarlos gesperrt. Auf Nachfrage beim Mitarbeiter vor Ort dann die indirekte Bestätigung. Hausverbot! Weitere Informationen seien über die Kontaktmöglichkeiten auf der Internetseite des Betreibers zu erfragen. Also: Auskunftssperre vis-à-vis obendrauf!
Mittlerweile wissen wir von weiteren Fällen, in denen aus genannten Gründen gekündigt und ein Hausverbot erteilt wurde. Ist das nur die Spitze des Eisbergs?
Die aus Bayern stammende Kette betreibt Studios in Deutschland, Polen und Österreich – und unterhält natürlich auch zahlreiche Studios im Osten der Republik, wo der Vorwurf, in „rechtsgerichteten Kreisen“ zu verkehren, nahezu jeden treffen kann. Denn hier herrscht vielerorts noch jene geistige Normalität vor, für die wir von „Ein Prozent“ uns einsetzen.
Wir fragen: Sind diese Kunden alle nicht willkommen? Und warum bewertet die Firma das Privatleben der Kunden? Wir haben die Fit/ONE GmbH gefragt, welche politischen, sexuellen oder religiösen Orientierungen bei ihnen zu einem Hausverbot führen.
Drohen mit Anzeigen und Schadenersatz
In einem Schreiben der Kette wird das Hausverbot mit „Fehlverhalten in den Räumlichkeiten“ und einem „vertragswidrigen Verhalten (Unruhestiftung im Studio)“ begründet. Die besondere Frechheit: Die Kunden sollten ihre Mitgliedsbeiträge trotz des Hausverbots bis zur nächstmöglichen Kündigung als „Schadensersatz“ zahlen.
Erst auf erneute Nachfrage wurde klar, worum es eigentlich geht. Die Betroffenen verkehren laut den Angaben der Firma in „rechtsgerichteten Kreisen“ und dies führe angeblich zu einem „starken Unwohlsein“ anderer Mitglieder. Deswegen sollten sie unter Androhung von Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruchs verschwinden.
Wie das Unternehmen zu der Erkenntnis darüber kommt, wo ihre Kunden privat verkehren, ist bisher nicht bekannt. Ein von uns verschickter Fragenkatalog blieb bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet.
Bezeichnend ist auch, dass man sich ganz bewusst gegen demokratische Grundrechte stellt. Denn das Verkehren in „rechtsgerichteten Kreisen“ ist nicht strafbar – im Gegenteil. Rechte Positionen werden von unserer Verfassung geschützt.
Viele Kundenbeschwerden
Auch abseits der Gesinnungsprüfungen der Kunden scheint Fit/ONE Probleme mit ihren Kunden zu haben. Auf Facebook gibt es die Gruppe „Geschädigte Mitglieder FitOne bundesweit“ mit 2.614 Mitgliedern(Stand 28. März 2024), in der hauptsächlich beklagt wird, wie man in der Coronakrise „abgezockt“ worden sei. Also genau in der Zeit, in der die Firma Steuergelder erhalten hat.
Die Fit/ONE GmbH steckte in den vergangenen Jahren nämlich ziemlich tief in den roten Zahlen (minus 28,8 Millionen im Jahr 2022). Die sogenannten Coronahilfen kamen da sehr gelegen: 12 Millionen Euro „investierte“ der Staat in die GmbH.
Und auch dem konstruierten weltoffenen Image kann die Fitnessstudio-Kette nicht ganz gerecht werden. Auf reddit findet sich beispielsweise ein Fall, bei dem behauptet wird, dass die fehlenden Sprachkenntnisse einer Inderin ausgenutzt worden seien, um ihr einen Vertrag unterzujubeln und ihr später ein Inkasso-Unternehmen auf den Hals zu hetzen. Andere Kunden berichten unter dem Beitrag von ähnlichen negativen Erfahrungen.
Leider hat die Fit/ONE GmbH bis zur Erstellung dieses Artikels nicht die Möglichkeit zur Stellungnahme genutzt. Doch es ist erschreckend, dass Firmen anfangen, im Privatleben ihrer Kunden herumzuschnüffeln. Dass diese Entwicklung für diese Unternehmen langfristig zum wirtschaftlichen Bumerang wird, ist bereits jetzt klar. Dann helfen auch keine Steuermillionen.
Wir werden den Betroffenen jedenfalls, so nötig, mit dem Solidaritätsfonds unter die Arme greifen. Wir bleiben dran – versprochen! Wenn Sie selbst Betroffener sind, melden Sie sich gerne bei uns über unser Kontaktformular.