Morgen soll in Thüringen erneut über das Amt des Ministerpräsidenten abgestimmt werden – vorausgesetzt die CDU-Faktion wird nicht wegen Corona-Verdachts unter Quarantäne gestellt. Die Wahl ist richtungsweisend – sowohl für Thüringen als auch die Mitte-Parteien CDU und FDP. Wir klären, welche Optionen wahrscheinlich sind.
Linkspartei: Hinrichtungen oder doch Arbeitslager?
Kassel: Vom 29. Februar bis 1. März fand hier eine „Strategiekonferenz“ der Linkspartei statt – „für einen sozial-ökologischen Systemwechsel“. Der Saal ist gut gefüllt, auf dem Podium sitzt u.a. Bernd Riexinger. Am Mikrofon spricht eine Genossin – von der Revolution und der Hinrichtung des „reichen einen Prozents“. Deutlicher Widerspruch regt sich nicht. Und das wenige Tage vor der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen.
Riexinger, Parteivorsitzender der Linken, schlägt anschließend jedoch vor, Reiche nicht zu erschießen, sondern „sie“ für „nützliche Arbeit“ einzusetzen. Ein Scherz, so Riexinger, der später per Twitter einräumt (oder einräumen muss?), dass er klarer hätte widersprechen müssen.
Union & FDP: Kaffeetrinken mit Mauermördern?
Szenewechsel: Thüringen steht Kopf. Seit dem gelungenen Manöver der AfD-Fraktion, durch das Bodo Ramelow abgewählt und FDP-Mann Kemmerich gewählt wurde, ist im Freistaat nichts mehr so, wie es war. Die Maske des Establishments ist gefallen.
Union und FDP spielen wahrhaftig mit dem Gedanken, mit einer Linkspartei zu kooperieren, die nicht nur Rechtsnachfolger der Mauermörder-Partei SED ist, sondern auch noch heute auf die Menschenwürde von Andersdenkenden spuckt. Medien und Bundespolitik relativieren den parlamentarischen Linksextremismus und erhöhen den Druck auf die geschwächten Parteien.
Mit der Nominierung Björn Höckes zur Ministerpräsidentenwahl will die AfD-Fraktion nun die Fronten klären. Werden sich Union und FDP endgültig in den linksgrünen Block einreihen und die Interessen ihrer Wähler damit ein für alle Mal verraten? „Ein Prozent“ erklärt, was morgen passieren kann und welche Optionen wahrscheinlich sind.
Option 1: CDU & FDP machen Ramelow zum Ministerpräsidenten
Seit der Wahl im Oktober 2019 verfügt die rot-rot-grüne Koalition nur noch über 42 von 90 Sitzen. Das bedeutet, Ramelow benötig mindestens vier Stimmen von CDU und/oder FDP, um in einem der ersten beiden Wahlgänge die notwendige absolute Mehrheit zu erhalten.
Torben Braga, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, meint im Gespräch mit „Ein Prozent“:
„Wir rechnen damit, dass mindestens vier Abgeordnete von CDU oder FDP für Bodo Ramelow stimmen – obwohl die jeweiligen Parteiführungen genau dies ausgeschlossen haben. Es handelt sich jedoch um eine geheime Wahl. Vieles deutet darauf hin, dass CDU und FDP aus verschiedenen Gründen ein Interesse daran haben, Bodo Ramelow in die Staatskanzlei zu wählen und die Neuwahl des Landtags bis mindestens April 2021 hinauszuzögern.“
Schon vor einer Woche schlossen Linke, Grüne und SPD mit der Union einen faulen Kompromiss. Allerdings steht einer der CDU-Überläufer wegen Verdachts einer Coronavirus-Erkrankung unter Beobachtung. Die linke Mehrheit steht also auf wackligen Beinen.
Option 2: CDU & FDP entziehen sich ihrer Verantwortung
Tilman Kuban, Vorsitzender der Jungen Union (JU), plädiert dafür, dass die CDU-Fraktion bei der Wahl den Plenarsaal verlassen solle, um den ohnehin längst obsoleten Unvereinbarkeitsbeschluss mit Linkspartei und AfD nicht zu verletzen. Ähnliches plant die fünfköpfige FDP-Fraktion.
Dies hätte zur Folge, dass Ramelow erst im dritten Wahlgang mit der relativen Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt werden könnte. Damit wäre klar, dass sowohl Union als auch Liberale Ramelows Wahl und damit die Vorherrschaft von R2G akzeptierten.
Option 3: Höcke wird Ministerpräsident
Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich ist, dass Björn Höcke im dritten Wahlgang zum Ministerpräsidenten gewählt wird. Wenn sich Union und FDP nicht an der Wahl beteiligten und Bodo Ramelow tatsächlich nur für einen Wahlgang zur Verfügung stünde, könnte Höcke im dritten Wahlgang nur mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt werden.
Option 4: „Bürgerliche“ Mehrheit für Höcke
Angesichts der medialen Hetze gegen Björn Höcke steht auch diese Option eher nicht zu erwarten. Dennoch könnten sich CDU und FDP an ihre Wahlversprechen erinnert fühlen, als sie vollmundig ein „Weiter so“ unter Ramelow verhindern wollten. Dann bliebe womöglich nur die Option, den derzeit einzigen konservativen Kandidaten zu wählen oder einen eigenen Kandidaten nach Vorbild Thomas Kemmerichs aufzustellen, der erneut mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD zum Ministerpräsident gewählt werden könnte. Doch keiner der Unions- oder FDP-Abgeordneten dürfte das Rückgrat besitzen, den in diesen Fällen zu erwartenden Shitstorm und den linken Terror zu überstehen.
Prognose: Union & FDP werden nach links kippen
Auch in Thüringen dürfte morgen die Ära einer konservativen Union und einer bürgerlich-liberalen FDP endgültig zu Ende sein. Damit markiert Merkels Union den linksliberalen Rand eines breiten linken Blocks, der mit Grünen, SPD und Linkspartei auch mit antifaschistischen und linksextremen außerparlamentarischen Gruppen kooperiert. Die FDP hingegen steht vor der Bedeutungslosigkeit.
Egal, wie das Wahlergebnis ausfällt, schon jetzt steht fest, dass die AfD in Thüringen die Rolle einer demokratischen Opposition perfekt ausgefüllt und damit die Altparteien als das, was sie sind, entlarvt hat – nämlich undemokratisch, antifaschistisch und antideutsch.