Während heute alle auf die Wahl von Olaf Scholz zum Bundeskanzler schauen, wollen wir uns mit einem seiner ersten internationalen Problemfelder beschäftigen. Dass die neue Regierung noch mehr Migration nach Deutschland und die Auflösung des Volksbegriffes bedeutet, das wissen wir bereits.
Die Fakten
Nach dem Patt an der polnisch-weißrussischen Grenze hat die Lukaschenko-Regierung zahlreiche „Flüchtlinge“ ab dem 18. November in einem Logistikzentrum einen Kilometer entfernt von der polnischen Grenze unterbracht. Versorgt werden die dort „zwischengelagerten“ Menschen mit Mitteln der EU, die dafür 750.000 Euro bereitgestellt hat. Dabei arbeitet man nach EU-Aussagen mit „nichtstaatlichen Partnern“ und nicht direkt mit der weißrussischen Regierung zusammen.
In diesem Auffanglager, das von Lukaschenko propagandistisch genutzt wird, um sich als Retter die Migranten aufzuspielen, befinden sich aber nur 2.000 der 7.000 Migranten, die in die EU wollen – Frontex geht sogar von bis zu 11.000 Illegalen aus. Nun soll dieses Lager geräumt werden.
„Abschiebung oder wieder an die Grenze“
Das ist laut Migranten die Ansage von weißrussischen Sicherheitsbehörden, die das Logistikzentrum in den nächsten Tagen räumen wollen. Das bedeutet, die Bilder könnten sich sehr schnell wiederholen. Frierende, aggressive Migranten, die nun wieder über die Grenze wollen.
Nachdem Merkels möglicher Deal, 2.000 Migranten aufzunehmen und den Rest durch Weißrussland zurückschicken zu lassen, durch Lukaschenkos Indiskretion geplatzt ist, könnte die neue Ampel-Koalition die Vorweihnachtszeit nutzen, um an ihre Wähler ein Signal in Sachen Asylpolitik zu senden und doch noch einlenken und Migranten aufnehmen. Einzig und alleine der drohende Ärger mit den östlichen EU-Nachbarn, vor allem Polen, spricht dagegen.
EU ermöglicht einfachere Abschiebungen – Was tut die Bundesrepublik?
Bis Ende Oktober hatten es fast 7.000 Migranten über Weißrussland nach Deutschland geschafft. Die ebenfalls betroffenen Länder Litauen, Lettland und Polen haben nicht nur schnell reagiert, sie haben auch auf EU-Ebene durchgesetzt, dass die Asylprozesse für diese Migranten angepasst und einige Rechte der Migranten zeitweise ausgesetzt wurden.
Diesen Ländern wurde erlaubt, den Asylprozess zu optimieren. Ihnen bleibt nun mehr Zeit, um Asylanten zu registrieren. Zudem wurde die Frist für den stationären Asylprozess verlängert und somit die Unterbringung in grenznahen Auffangzentren ermöglicht. Außerdem gewährt die EU eine einfachere und schnellere Abschiebung. Ein der ersten Fragen an die neue Regierung – Parlamentarier aufgepasst! – wäre, warum Deutschland diese Regelungen nicht auch für sich nutzt, um ein klares Zeichen an die Illegalen an der polnischen Grenze zu senden und unseren Nachbarn Polen zu entlasten?
Will Lukaschenko die Krise beenden?
Der Plan des abgewählten, aber noch amtierenden weißrussischen Präsidenten ist nicht aufgegangen. Dank des polnischen Widerstands ist die EU nicht eingeknickt. Die Strategie, die westlichen Nachbarn über einen inszenierten Flüchtlingsstrom an den Verhandlungstisch zu zwingen, ist (abgesehen von den viel kritisierten Merkel-Telefonaten) gescheitert. Die Ostgrenze der EU ist besser gesichert als jemals zuvor.
Das erklärt auch, warum Lukaschenko Migranten, die sich nicht in den Propagandalagern nahe der polnischen Grenze aufhalten, zusammentreiben und an den Flughafen Minsk verfrachten lässt – sie sollen das Land verlassen. Alleine der Irak hat bereits 2.000 Staatsangehörige aus Weißrussland ausgeflogen. Problematisch wird für die weißrussische Regierung, dass andere Länder so die Möglichkeit genutzt haben, um Migranten los zu werden. Beispielsweise wurden Syrer aus dem Libanon mit einer dreijährigen Einreisesperre belegt – eine Rückkehr aus Weißrussland ist nicht möglich. Migranten, die nicht unter die Amnestie der syrischen Regierung fallen, weil sie sich etwas Ernsthaftes haben zu Schulden kommen lassen, haben somit kein Land, in das sie ausfliegen können und sind nun Lukaschenkos dauerhaftes Problem.
Lesenswert ist diese Perspektive, die die russischen Truppenbewegungen an der Ukraine mit Migrationskrise in Verbindung bringt und einen möglichen Wechsel an der weißrussischen Spitze durch einen neuen ebenfalls pro-russisch eingestellter Machthaber vermutet, der Moskau weniger Probleme bereitet. Interessanterweise ist dieser pro-russische Austausch nur möglich, weil Lukaschenko die Proteste gegen ihn so hart niedergeschlagen und pro-westliche Nachfolger vertrieben hat.
Was lernen wir aus diesem schwelenden Konflikt?
Es lohnt sich, seine Grenzen zu verteidigen. Diese notwendige wie selbstverständliche Klarstellung durch Polen, Litauen und Lettland war für viele Bundesbürger hoffentlich eine Erkenntnis, die nicht so schnell vergessen werden sollte. Man kann Grenzen sichern, man muss nur den politischen Willen dazu aufbringen. Dieser ist in Deutschland derzeit zwar komplett verschwunden, aber kann wiederkehren. Unsere Nachbarn zeigen uns, wie es geht.
Während die bundesdeutschen Medien in gewohnter Weise nur von weinenden arabischen Kleinkindern an der EU-Grenze berichtet haben, zeigen alternative und ausländische Medien, welche größere Bedeutung hinter dem gewaltsamen Zusammentreffen von Nato-Staaten und einem russischen Verbündeten steckt und dass die Welt nicht nach den naiven Vorstellungen der politisch-medialen Klasse Deutschlands funktioniert.
Zudem wissen wir, dass neue Instrumente auf dem Tisch liegen, um die Illegalen, die über Weißrussland kamen, wieder zurückzuführen – und zwar mit Genehmigung der EU. Die Ampel-Regierung muss nur den Willen dazu aufbringen oder genügend Druck von allen Seiten erhalten.
Nicht zuletzt führte die Krise an der Grenze zu einer Welle ganz neuer, patriotischer europäischer Solidarität. Auch wir Deutsche konnten uns als stolze Europäer (fernab der EU!) fühlen. Die Leistung Polens, die an der Grenze auch für Deutschland und Europa erbracht wurde, kann nicht hochgenug angerechnet werden. Die Bundesrepublik wäre zu so einer Selbstverteidigung weder politisch, noch mental, noch strukturell in der Lage.