Was über die Intensivbetten nicht gesagt wird

Lasst euch impfen! Wer sich nicht impfen lässt, der riskiert sein Leben. Und das aller anderen. So oder so ähnlich tönt es derzeit aus allen Politikermündern, aus Rundfunkempfängern, von den Tageszeitungen und aus den Internetportalen. Fakt ist: Corona kann bei vielen Patienten gefährlich verlaufen – ausschlaggebend dafür ist aber nicht zwangsläufig Covid-19 selbst. Panikmache ist also fehl am Platz.

Kommt die Impfpflicht in Deutschland?

Vorab: Wer sich gegen Corona impfen lassen möchte, soll dies tun. Je nachdem, ob eine Vorerkrankung vorliegt und wie alt man ist, kann dies unterschiedlich sinnvoll sein. Eine Impfpflicht für alle, wie sie etwa in Österreich geplant ist, würde vermutlich lediglich dafür sorgen, dass sich eine ganze Bevölkerung unter Zwang (für SPD-Wähler: nicht freiwillig) mit mehr oder weniger fragwürdigen Impfstoffen versorgt würde, die sie gar nicht braucht.

Aktuell wird aber gerade das diskutiert. Das Argument vieler Befürworter einer allgemeinen Impfpflicht: Krankenhäuser seien überlastet, die Intensivbetten überfüllt. Dass die Impfung nicht vor einer Ansteckung mit Corona schützt, sollten die meisten inzwischen begriffen haben. Das nicht von der Hand zu weisende Gegenargument der Befürworter wiederrum lautet, dass die Impfung aber vor einem schweren Verlauf schütze, sprich die Geimpften eben nicht so häufig auf Intensivstationen landen. Die Logik: Mehr Geimpfte, weniger belegte Intensivbetten, mehr Kapazitäten.

Hauptsächliche alte Menschen betroffen

Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Am 22. November 2021 befanden sich 3.849 sog. Covid-19-Intensivpatienten in den deutschen Krankenhäusern. Von 3.694 davon ist das Alter bekannt. Was denken Sie, wie viele Menschen davon unter 39 Jahren alt sind? Richtig, es sind weniger als zehn Prozent – genauer gesagt 6,55 Prozent. Aufgrund dieser Datenlage ist deutlich zu erkennen, dass Corona-Intensivbetten vor allem von Personen über 50 Jahren belegt werden (die Gruppe der 40- bis 49-Jährigen macht 9,45 Prozent aus).

Demnach machten 50- bis 59-Jährige 19,57 Prozent, die 60- bis 69-Jährigen 29,07 Prozent, die 70- bis 70-Jährigen 22,71 Prozent und die über 80-Jährigen 12,80 Prozent der Corona-Intensivpatienten aus. Frage an die Statistiker unter Ihnen: Würde es zu einer erheblichen Entlastung der Krankenhäuser kommen, würde man jetzt alle unter 40-Jährigen zwingen, sich impfen zu lassen? Wenn nein: Wieso sollte man das fordern?

Kritik von Medizinern selbst

Österreich diskutiert nicht nur über eine Impfpflicht, ab Februar 2022 soll auch tatsächlich eine gelten. Ein Vorhaben, dass auch Mediziner auf die Barrikaden treibt. In einem Leserbrief an die Oberösterreichischen Nachrichten konstatiert Dr. Johann Reisinger, Leiter der Internistischen Intensivstation der Barmherzigen Schwestern in Linz die Lage im Land:

Von allen Covid-Patienten auf Intensivstationen sind etwa 80 Prozent älter als 50 Jahre, und die meisten haben die bekannten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Herzschwäche oder Zuckerkrankheit. Von den Patienten jünger als 50 Jahre, die mit Covid auf einer Intensivstationen (sic!) landen, sind 80 Prozent mehr oder weniger stark übergewichtig.“

Demnach wären Alter und Vorerkrankung ausschlaggebend für die Wahrscheinlichkeit sich selbst auf einem Intensivbett wiederzufinden. Nochmal Dr. Reisinger: Vielleicht sollte man die ins Auge gefasste Impfpflicht auf diese Menschengruppen beschränken und das Füllhorn der Impfung nicht über die gesamte Bevölkerung (inklusive gesunde Kinder und Jugendliche) gleichförmig ausleeren.“

In Deutschland gibt es ähnliche Stimmen. Der Kinder- und Jugendarzt Dr. Steffen Rabe kritisierte gegenüber dem MDR die Pläne für eine Impfpflicht: Die Impfung biete „keinen relevanten Fremdschutz“, womit der ganze Sinn einer flächendeckenden Impfung dahin wäre. Für den Mediziner seien dementsprechende Forderungen ein „Ausdruck von Hilflosigkeit und Kopflosigkeit“. Hörenswert!

Warum verschwinden die Intensivbetten?

Auch muss sich die Bundesregierung natürlich den Vorwurf gefallen lassen, warum so wenig getan wurde, um die Kapazität der Intensivbetten auszubauen – denn in der angeblich größten Krise seit 1945 verschwanden zwischen November 2020 und 2021 6.300 Intensivbetten in Deutschland.

Das liegt nicht daran, dass die technische Ausrüstung oder gar die Betten selbst fehlen würden. Tatsächlich ist der Schwund auf den Pflegemangel zurückzuführen, also auf das Fehlen von qualifizierten Krankenpflegern. Laut einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts gaben 72 Prozent der befragten Krankenhäuser an, über bis zu 10 Prozent weniger Intensiv-Personal als noch im Vorjahr zu verfügen.

Die Gründe hierfür sind vielfältig – und lassen sich in einem Satz zusammenfassen: Die Regierung hat versagt. Sie hat es nämlich über Jahre und Jahrzehnte nicht geschafft, den Pflegeberuf so attraktiv zu machen, dass ausreichend Personal zur Verfügung steht, ob mit oder ohne Corona.

Zu viel Arbeit, zu wenig Bezahlung: Das Faktenformat „Wir klären das!“ hat sich dem sog. Pflegemangel angenommen und auch die Reform von Jens Spahn angeschaut – die Vermutung: auch diese „Verbesserung“ wird rein gar nichts verbessern.

Sündenbockpolitik

Es ist für die Politik eben einfacher auf Sündenbocksuche zu gehen, statt das eigene Versagen in der Gesundheitspolitik offenzulegen und den Weg freizumachen für tatsächliche Veränderung. Der geeignete Weg hier wäre, erst einmal die Situation in den Krankenhäusern zu entschärfen, indem man dafür sorgt, dass wieder mehr Menschen sich für einen Pflegeberuf entscheiden. Das kostet und ist ein langwieriger Prozess, sprich: ein solches Vorgehen ist für moderne Politiker und mediale Massenhysterie zu „unsexy“. Eine Impfpflicht für Pfleger würde übrigens nur dafür sorgen, dass noch mehr Pfleger ihren Beruf an den Nagel hängen – das Chaos an deutschen Krankenhäusern wäre vorgezeichnet.

Unverständlich ist, warum sich die Politik zum willigen Dienstleister der Pharma-Unternehmen machen lässt, die per Impfpflicht ihre Stoffe „per Zwang“ verkaufen könnten. Zieht man Analogien zu anderen Bereichen – denken wir mal an die Verkettung von Rüstungsunternehmen mit den führenden Verteidigungspolitikern oder im Punkto Lebensmittel-Lobbyismus – muss man den Gesundheitspolitikern mit Impf-Fetisch schon böse (sprich: finanzielle) Motive unterstellen.

Feststeht, dass eine Impfpflicht für alle oder „nur“ für Pfleger wohl kaum dafür sorgen dürfte, die Krankenhäuser zu entlasten. Statisch irrelevant wäre das einerseits und andererseits schon deshalb sinnlos, weil die Gründe für den Mangel an Intensivbetten an der schlechten Politik in Deutschland liegen. Das sollten wir ändern.

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