- Auch am 1. September stemmte „Ein Prozent“ eine umfangreiche Wahlbeobachtung.
- Zuvor hatten wir mit einer Großkampagne mit Plakaten, Radiospots und Internet-Werbung dafür mobilisiert.
- Obwohl weit störungsfreier als vorhergegangene Wahlen, bleibt die Feststellung, dass alte Probleme, etwa mit der Briefwahl oder in Altenheimen, noch immer eine hohe Anfälligkeit für Schwindel und Pannen bieten.
Wir haben bei der Wahlbeobachtung schon einiges ausprobiert: Es gab die Unterstützung einer Handy-App, eine digitale Karte der Wahllokale, kostenfreie Werbemittel und nun eine große Mobilisierung der Öffentlichkeit mit einer multimedialen Kampagne.
Die ersten Analysen zeigen, dass wir wieder mehr Teilnehmer mobilisieren konnten. Inwieweit das an unserer Kampagne lag oder ob die Aussicht einer Wende 2.0 die Menschen zu Wahlhelfern und Wahlbeobachtern machte, ist natürlich schwer zu sagen.
Es zeigt sich aber, dass es enorm hilft, wenn die antretenden Parteien ebenfalls für unsere Wahlbeobachtung aufrufen. So geschehen in Brandenburg. Dort haben wir derzeit auch die meisten Prüffälle und Kontrollen der Ergebnisse.
Besonders motivierend ist es, wenn Spitzenkandidaten die unermüdliche Arbeit der Bürger in den Wahllokalen zu würdigen wissen.
Innenministerium informiert über Wahlbeobachter
Welche Bedeutung die Wahlbeobachtung mittlerweile einnimmt, zeigt ein behördeninternes Schreiben des sächsischen Innenministeriums mit dem Titel „Durchführung der Landtagswahl 2019 – Umgang mit Wahlbeobachtern“ vom 24. Juli 2019, das sich inhaltlich in großen Teilen mit unseren Schulungen (Schulung 1, Schulung 2, Schulung 3) deckt. Die kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Wahlleitern und mit den Wahlvorständen am Wahltag zeigt erste Erfolge. Wahlbeobachter sind wieder eine demokratische Selbstverständlichkeit geworden.
Wichtig ist auch nochmal festzuhalten, dass das Innenministerium grundlegende Rechte der Wahlbeobachter für alle Städte, Gemeinden und Landkreise ganz klar regelt. Neben der Verhinderung von Scheinöffentlichkeit (siehe Grafik) geht es auch um den möglichen Ausschluss von Wahlbeobachtern. Ein einfaches „allgemeines Unwohlsein oder Sich-beobachtet-Fühlen angesichts des Präsenz von Wahlbeobachtern“ reicht nicht aus, um von einer Störung zu sprechen. Die Hürden hierfür sind hoch.
Aktuelle Fälle: Masse, Briefwahl, Altenheime
Zwei Tage nach der Wahl sind es vor allem Übertragungsfehler oder Unklarheiten in der Darstellung, die die Meldungen bestimmen. Hier erfolgt eine Abstimmung mit den regionalen Wahlleitern, die zumeist sehr freundlich und konstruktiv mitarbeiten.
Neben Fällen wie in Metzelthin (siehe Liveticker vom Wahltag) sind es vor allem die Einschränkungen der Grundrechte der Wahlbeobachter, die uns beschäftigen. Zudem stellen uns die knappen Ergebnisse, vor allem bei den Direktwahlkreisen, und die Masse der Anfragen vor neue Herausforderungen.
Probleme machen wieder die Briefwahl und die Altenheime. Wie bereits gemeldet, sorgt auch der demographische Wandel dafür, dass die Wahlen in den Altenheimen immer wichtiger werden. Hier haben wir Meldungen von verschwunden Wahlscheinen bis hin zu Beeinflussungen durch Pflegepersonal (siehe Grafik). Es gab auch schon Altenheime, bei denen das ganze Heim mit dem gleichen Kugelschreiber CDU gewählt hat. Diese Meldungen sind auch mit Recherchen und Nachfragen schwer zu prüfen.
Deswegen empfehlen wir für kommende Wahlen: Mobile Wahlbüros (in dem Text finden Sie auch ein Beispiel für einen Altenheim-Betrugsfall). Gleichzeitig gibt es bei der Briefwahlbeteiligung jedes Mal einen neuen Rekord. Dies sorgt für enorme Herausforderungen bei den Verwaltungen, mehr Fehler und einem gestiegenen Interesse an der Briefwahlauszählung und den Abläufen.
Die nächste Mission heißt Thüringen
Nach der Wahl ist vor der Wahl. Unsere Blicke richten sich jetzt nach Thüringen. Auch dort wollen wir die demokratische Gesellschaft stärken und jenen unter die Arme greifen, die für faire Wahlen sorgen wollen.
Hinweis an die Thüringer Verantwortlichen: Für viele Menschen ist es unverständlich, dass ohne Ausweispapiere gewählt werden darf. Auch am vergangenen Sonntag erhielten wir wieder Beschwerden, dass Wähler ohne Wahlschein bereits auf der Liste abgestrichen waren. Die Wahl ohne Identitätsnachweis macht Wahlbetrug definitiv leichter.
Auch, dass Wahlurnen nicht mehr versiegelt werden müssen, sondern nur mit einem Vorhängeschloss gesichert werden oder nur instabile Pappkisten sind, ist für die Menschen nicht nachvollziehbar. Bei der EU-Wahl im Mai meldete ein Wahlbeobachter aus Baden-Württemberg sogar, dass im Schloss an der Wahlurne noch der Schlüssel samt Schlüsselbund steckte. So schafft man kein Vertrauen.
Zudem wird interessant, ob die Landesregierung um den tiefroten Ministerpräsidenten Bodo Ramelow ähnliche Informationen wie das sächsische Innenministerium veröffentlicht, um die demokratischen Grundrechte der Wahlbeobachter zu schützen.
Schließlich war es die Wahlbeobachtung vieler mutiger Menschen, die die Diktatur der DDR und der Vorgängerpartei von Ramelows Linken beendete. Vielleicht könnte die kommende Wahlbeobachtung erneut eine solche Wende sein.