Bauernprotest – und dann?

Ein Kommentar von „Ein Prozent“-Leiter Philip Stein.

Gestern Nachmittag ein Anruf des Kindergartens: Am Montag nur „Notbetreuung“, vielleicht auch Dienstag und darüber hinaus. Keiner wisse aktuell, wie sich die angekündigten Proteste entwickeln könnten. Das Entscheidende an dieser Nachricht: der Ton. Denn was vor Jahren selbst hier in Sachsen noch Kopfschütteln und Beschwerden ausgelöst hätte („Die Idioten sollen arbeiten gehen, nicht demonstrieren!“), das erfährt jetzt ziemlich breite Unterstützung. Wir sprechen längst nicht mehr über „Bauernproteste“ – wir sind womöglich mittendrin in etwas Größerem.

Doch was dann? Was passiert, wenn der Montag vergangen ist?

Unübersichtliches Protestgeschehen: Wir schaffen Klarheit!

Zunächst zum Protest selbst: In Sachsen und weiten Teilen der östlichen Republik – allein in und um Cottbus sollen mehr als 1200 Fahrzeuge eingesetzt werden – rechnen die Behörden für Montag mit weitreichenden Protesten und Blockaden. Kurz: Die Räder stehen still, und zwar so richtig. Allein im Zwickauer Umland, bis hinüber ins thüringische Ronneburg, sollen nahezu alle Autobahnzubringer und großen Kreuzungen blockiert werden. Ähnliche Aufrufe und Pläne machen auch für unzählige andere Regionen im ganzen Osten die Runde. Es könnte richtig spannend werden. Denn selbst wenn nur einige der kursierenden Pläne in die Tat umgesetzt werden, wird die Infrastruktur in relevanten Teilen der Republik außer Kraft gesetzt sein.


Wir haben versucht, das Protestgeschehen für Sie zusammenzufassen. Unser Beitrag wird laufend aktualisiert. Neue Informationen können Sie in den Kommentaren hinterlassen. Wir prüfen dann, so gut es geht, und tragen nach.

Wir von „Ein Prozent“ stehen seit Tagen in Kontakt mit Logistikunternehmen im Dresdener Umland, dem Erzgebirge, dem Vogtland und anderen sächsischen Regionen. Die Mobilisierungskraft, der Wille und vor allem der Grad an Selbstorganisation sind beeindruckend. Das berühmte Maß scheint voll zu sein, zumindest für den Moment. Wir versuchen nun zu helfen, wo es geht, und unsere Erfahrungen der letzten sieben Jahre einfließen zu lassen.

Vorschusslorbeeren überall. Doch was kommt danach?

Doch es gehört auch zu unseren Aufgaben als erfahrene und etablierte Bürgerinitiative, die Euphorie zu bremsen. Klar: Auch wir arbeiten mit Hochdruck am Gelingen der anstehenden Proteste. Auch wir begrüßen die Entwicklung und sehen darin eine große Chance. Wir wissen aber auch, wie schnell aus einem Sturm ein Sturm im Wasserglas werden kann. Das gilt es zu verhindern!

Die Warnung vor falschen Funktionären und das Nachdenken über die richtige Herangehensweise.

Wir sollten nie vergessen, wie geschickt es die etablierte Politik in den letzten Jahrzehnten immer wieder geschafft hat, vielversprechenden Protest einzuhegen, zu ersticken oder durch Repression zu zerstören. Im Erzgebirgskreis wurden Spontanversammlungen bereits verboten. Natürlich wird das die Proteste nicht verhindern, doch der Staat schafft jetzt Vorkehrungen, um mit harten Bandagen eingreifen zu können.

Es gilt jetzt, liebe Unterstützer, die Proteste bestmöglich zu unterstützen, den Montag, vielleicht den Dienstag und noch weitere Tage aktiv zu sein und dann, wenn erste Ruhe einkehrt, weitere Pläne auszuhecken. Denn mit Protesten allein ist es nicht getan, wir müssen diesen Protest (friedlich!) weiterentwickeln und fortdenken.

Doch jetzt geht es erst einmal auf die Straße. In Ost wie West. Machen wir uns ans Werk. „Ein Prozent“ wird den Protest begleiten.

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