Migrationsabkommen: Seehofers Symbolpolitik

Horst Seehofer versteht sich auf medienwirksame Inszenierung. Seine Ultimaten und Rücktrittsankündigungen scheinen gut kalkuliert zu sein, seine konservative Haltung wirkt souverän. Doch allen markigen Sprüchen zum Trotz, wagt Seehofer es nicht, Merkels gefährlichem Kurs in der Einwanderungspolitik zu widersprechen. Der faktisch entmachtete Innenminister verlegt sich deshalb auf symbolpolitische Abkommen, sogenannte „europäische Lösungen“. Das jüngste Verwaltungsabkommen mit Spanien fällt in diese Kategorie.

Von Spanien nach Österreich?

Seit Samstag gilt die Verwaltungsabsprache zwischen der Bundesrepublik und Spanien. Diese erlaubt die Zurückweisung von „Schutzsuchenden“, die zuvor in Spanien einen Asylantrag gestellt haben, an der deutsch-österreichischen Grenze. Zur Feststellung dient die EURODAC-Datenbank, in der Asylsuchende mit Fingerabdrücken registriert werden. Laut Bundesinnenministerium würden Personen, auf die dies zuträfe, binnen 48 Stunden nach Spanien zurückgeführt. Unbegleitete Minderjährige seien hiervon jedoch ausgenommen. Außerdem hieß es in einer Pressemitteilung, dass die Verhandlungen mit Griechenland und Italien noch andauerten.

Bevor diese jedoch nicht abgeschlossen sind, muss sich Seehofer den Vorwurf der Symbolpolitik und – angesichts der anstehenden Landtagswahl in Bayern – des Wahlkampfmanövers gefallen lassen. Denn die Zahl derjenigen, die in Spanien landen, dort ihren Asylantrag stellen, um anschließend über Frankreich, Italien, die Schweiz und Österreich ausgerechnet in Bayern die Grenze zur Bundesrepublik zu passieren, ist gering. Nach einem Bericht des „Handelsblatt“ unter Berufung auf Zahlen des Innenministeriums wäre in den vergangenen zwei Monaten kein einziger Migrant von dieser Regelung betroffen.

Kritik aus der Opposition

Während man das Abkommen intern trotzdem als „großen Erfolg“ bezeichnet, äußern Vertreter der Opposition Kritik. Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff bezeichnete das Abkommen als „Witz“, auch die Grüne Annalena Baerbock kritisierte, dass das Abkommen „nur wenige Menschen“ betreffe. Auf ihrer Facebook-Seite übt die AfD als größte Oppositionspartei harsche Kritik an „Merkels Pseudo-Abkommen“. Erst habe Merkel „alle Welt nach Deutschland“ eingeladen, jetzt erkläre sie „das Dublin-System für ‚nicht funktionsfähig‘“ und feiere das Abkommen mit Spanien als Erfolg.

Europa braucht Lösungen

Vor dem Hintergrund steigender Migrationszahlen in Spanien – eine Entwicklung, für die der NGO-freundliche Kurs der neuen linken Regierung ursächlich ist – bestätigt sich erneut die Ansicht, dass Migration das bestimmende Thema zukünftiger europäischer Politik sein wird. Sollte es nicht möglich sein, eine wahrhaftige europäische Lösung zu finden, werden sich die Migrationsrouten lediglich von restriktiveren Staaten weg und hin zu einwanderungsfreundlichen Staaten verlagern. Das beweist die neue Politik Italiens: Salvinis Absage an die NGOs führte keineswegs zu einer Reduktion der Migrationsbewegung, sondern rückte das linksliberale Spanien an Italiens Stelle als „Tor nach Europa“. Dasselbe gilt im Kleinen für Seehofers „AnKER-Zentren“: Wenn die Grenze zwischen Österreich und Bayern aufgrund konservativer Symbolpolitik „geschlossen“ wird, erfolgt die Einwanderung nach Bayern eben durch Frankreich und Baden-Württemberg.

Europäische Solidarität

Deshalb führt kein Weg an der Durchsetzung geltenden europäischen Rechts vorbei. Diesem ersten Schritt müssen jedoch weitere folgen. Denn die Zurückweisung illegaler Migranten auf Kosten der südeuropäischen Staaten ist keine adäquate Lösung. Es braucht europäische Solidarität, d.h. finanzielle und personelle Unterstützung beim Grenzschutz, und einen gemeinsamen Kampf gegen die Einwanderungspropaganda der NGOs und der Schlepper in den Heimatländern der Migranten.

Die erfolgreiche Überwindung der Migrationskrise erfordert nicht nur viel Geduld, sondern auch ambitioniertes Handeln. Weder links-grüne Multikulti-Träumereien noch wirtschaftsliberale Entgrenzungsphantasien à la Joe Kaeser bieten eine Alternative. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in Politik und Wirtschaft. An Europa führt allerdings kein Weg vorbei.

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Kommentare (1)

Benno Holbrinck
In einem Land mit offenen Grenzen hat offensichtlich weder ein Innen- noch ein Außenminister eine Berechtigung. Aber genau da wollen die radikalen Globalisten wohl hin. Lokale Bevölkerungen als leichte Beute und Verfügungsmasse für die Kaesers, die die Schattenseiten des asozialen Internationalismus entweder nie zu spüren bekommen haben, oder sie wider besseres Wissen leugnen.

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