Nachdem wir dem Projekt Pulse of Europe bereits inhaltlich auf die Finger geschaut haben und unser Rechercheteam sich den Hintergründen der Frankfurter „Bewegung“ widmete, werfen wir diese Woche einen Blick auf das Verhältnis von Medien und Politik zu PoE.
Heimliches Vorbild PEGIDA
Schon im letzten Artikel (hier!) zu Pulse of Europe stellten wir fest, dass die Organisatoren Daniel Röder und Stephanie Hartung sich in der Konzeption ihres Projektes großzügig bei der Bürgerbewegung PEGIDA und auch bei den Montagsdemonstrationen der vergangenen Jahre bedient haben. Vom Orga-Team, das stets als „Freundeskreis“ bezeichnet wird, über die Auswahl einer „Hauptstadt“ der Bewegung – das in großen Teilen bereits ausgetauschte Frankfurt am Main ist quasi die stadtgewordene Antithese zur ehrwürdigen Stadt Dresden – bis hin zum anfänglich bewusst einfach gehaltenen Demonstrationsaufbau inklusive „offenem Mikrofon“ werden diverse Strategien genutzt, um sich den Anstrich einer Bürgerbewegung zu geben.
Eingebettet ist diese Strategie allerdings in ein umfangreiches Marketingkonzept. Besonders in der Gestaltung der eigenen Demonstrationen und Kundgebungen weist Pulse of Europe einen hohen Professionalisierungsgrad auf: Mithilfe von Flashmobs, interaktiven Elementen, und Großchoreographien werden mehr oder weniger regelmäßig neue Bilder produziert, die von einem Medienteam festgehalten werden. Egal ob Drohnenaufnahmen oder eine Kooperation mit dem örtlichen Ruderverein für eine „spontane“ Solidaritästsbekundung während der Demonstration: PoE ist medial bestens aufgestellt, das merken auch die Medien.
Das Feuilleton feiert
Überhaupt: Pulse of Europe und die Mainstream-Medien, das ist eine richtige Liebesgeschichte. Im Gegensatz zu PEGIDA hat PoE hier einen starken Verbündeten gefunden. Während erstere von Beginn an die volle Breitseite der die Multikulti-Hegemonie erhaltenden Medienfront zu spüren kriegten und sich alle denkbaren Beleidigungen – von „Nazis“ über „Wendeverlierer“ bis hin zum sprichwörtlich gewordenen „Pack“ – anhören durften, schwimmen letztere auf einer Welle der positiven Berichterstattung, die maßgeblich zum zwischenzeitlichen Erfolg des Projektes beitrug: Die choreographierten Bilder werden um die Welt geschickt, in den Feuilletons von taz bis FAZ wird sich kollektiv vor Freude eingenässt und sogar die Bundeszentrale für politische Bildung ist sich nicht zu schade, ein Interview mit dem PoE-Gründer Daniel Röder zu veröffentlichen.
Das beliebte Spiel mit den Teilnehmerzahlen, mit dem am Anfang versucht wurde, die PEGIDA-Bewegung zu marginalisieren, wird nun umgedreht: Mit gesamteuropäischen Zusammenrechnungen wird kaschiert, dass in den verschiedenen Städten jeweils nur wenige hundert Demonstranten versammelt waren. Dass nicht immer tatsächlich so viele Personen anwesend waren, wie der Veranstalter angibt, beweisen zudem diese Fotos. So leicht, wie der verlinkte SZ-Artikel, fallen allerdings nur wenige kritische Stimmen durch das Kontrollraster der Redaktionen, zumeist werden dann die unkonkreten Zielsetzungen kritisiert oder oberflächliche Fragen zur Finanzierung von PoE gestellt. In Ton und Aufmachung sind allerdings selbst die kritischsten Artikel meilenweit von der medialen Hetzjagd entfernt, der die PEGIDA-Beweung und ihre Organisatoren bis heute ausgesetzt sind.
Pulse of Europe – Außerparlamentarische Opposition Koalition
Doch nicht nur die Medien behandeln PoE mit Samthandschuhen, auch die etablierten Politiker haben einen Narren an dem Projekt gefressen. Besonders grüne Politiker von Cem Özdemir bis hin zum linksextremen Jürgen Kasek lassen sich gerne auf den Demonstrationen sehen (und ablichten), in den sozialen Medien feiern sie die „Bewegung“. Obgleich PoE angibt, unabhängig von Parteien zu agieren, dürfen Parteimitglieder oder örtliche Mandatsträger auf den Demonstrationen sprechen, lobende Worte von Parteipolitikern oder Orstverbänden werden von den offiziellen PoE-Accounts medial verbreitet. Neben den Grünen sind selbstverständlich auch die anderen Systemparteien gern gesehene Gäste: Wie im Parlament geben sich CDU, SPD und FDP die Klinke in die Hand, eine echte außerparlamentarische Koalition...
Quo Vadis Pulse of Europe
Trotz der anhaltenden Berichterstattung hat sich in den letzten Wochen gezeigt, dass selbst ein durchorganisiertes Projekt wie Pulse of Europe rasch an die Wachstumsgrenze stoßen kann. Nachdem Anfang April in ganz Europa insgesamt über 40.000 Menschen unter dem Banner von PoE demonstrierten, gingen die Zahlen in den folgenden Wochen immer weiter zurück, einen knappen Monat später wurde beschlossen, bis zur Bundestagswahl im September nur noch am jeweils ersten Sonntag des Monats auf die Straße zu gehen. Als „Bürgerbewegung“ ist Pulse of Europe also gewissermaßen gescheitert, aber wie bereits im zweiten Artikel unserer Reihe berichtet wurde, war das Ziel der Organisatoren von Anfang an ohnehin ein anderes. Inzwischen spricht Daniel Röder ganz offen darüber, dass er Pulse of Europe „als pro-europäische Marke, als Europa-Aktivisten [...] etablieren [...]“ möchte.
Die regelrechte Bewerbung durch die Mainstream-Medien hat die Spendenkonten offenbar gut gefüllt: Inzwischen arbeiten im PoE-Büro im Frankfurter Westend mehrere „hauptamtliche“ Mitarbeiter. Um eine durchgängige Finanzierung sicherzustellen, hat Röder allerdings schon andere Möglichkeiten der Finanzakquise ausgemacht, dazu zählen zum Beispiel Fundraising-Dinner und Großspenden aus Unternehmen. Spenden von „Parteien oder Interessengruppen, von denen wir uns beeinflusst fühlen“ seien weiterhin tabu, eine Zusammenarbeit mit Parteistiftungen wird jedoch nicht ausgeschlossen. Zur Unterstützung durch die Europäische Union sagt Röder vage: „EU-Gelder haben wir bislang ebenfalls nicht angenommen und müssten uns das wegen des Abhängigkeitsthemas sehr gut überlegen.“
Klar ist allerdings: Die Finanzierung kann nicht mehr, wie bisher, über die auf den Demonstrationen obligatorisch herumgegebenen Sparbüchsen stattfinden. Ohnehin scheinen sich die Kundgebungen – abgesehen von gelegentlichen „Happenings“ – für Pulse of Europe weitestgehend erledigt zu haben. Stattdessen möchte man zum Beispiel „Projektarbeiten“ an Schulen anbieten und europaweite Kampagnen fahren. Nach der Anerkennung als gemeinnütziger Verein entwickelt sich Pulse of Europe also immer weiter in Richtung einer NGO und ist damit auf direktem Kurs zu staatlichen und europäischen Steuertöpfen.
Oppositionsarbeit bleibt Bürgersache!
Der rasche Weg, den Pulse of Europe von einem als vermeintliche Graswurzelbewegung getarnten Mitmachprojekt der gehobenen Mittelschicht in die Mitte des Establishments zurückgelegt hat, wird vermutlich niemanden überrascht haben. Umso wichtiger ist es daher, dass denjenigen, die uns – wie PoE es mit jeder Demonstration macht – einreden wollen, dass im Großen und Ganzen alles in Ordnung sei, entschiedener Protest und fundierte Recherchearbeit entgegengesetzt wird. Eine echte Bürgerbewegung entsteht nicht in einem Frankfurter Nobelviertel, sondern auf der Straße.
Allerdings zeigt der Erfolg des Projektes auch, wie wichtig eine gute Infrastruktur, eine zentrale Organisation und professionelle Medienarbeit sind. Genau an dieser Stelle setzt die Bürgerinitiative „Ein Prozent“ an. Wir geben denen, die sich für unser Land engagieren, ein Gesicht, dokumentieren Repression und verwirklichen vielversprechende Projekte.
Unterstützen Sie uns dabei, Sie werden gebraucht!